Edeka und der böse Wald

Ja, das ist so eine Sache…

Da setzt sich jemand öffentlich als Waldschützer in Szene, der keine  Probleme mit der Waldvernichtung hat! Das darf doch kritisch betrachtet werden, oder ?

18.08.2016 Offener Brief’ an Edeka:

Bauvorhaben eines Edeka- Einkaufzentrums in Aurich Sandhorst – Südeweg

Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie werben dafür, Verantwortung zu übernehmen und nachhaltig zu denken und handeln. Ökologisch eingestellt zu sein – alles Ziele, die wir auch unterstützen.

In Aurich passiert gerade etwas Unglaubliches: In ein Waldgebiet hinein soll unter dem Namen EDEKA ein 1600 qm großes Einkaufszentrum gebaut werden. Dafür sollen 3000 qm Wald vernichtet werden. Seit drei Jahren wehren sich viele Einwohner*innen von Aurich dagegen, dass ihr Wald dafür zerstört werden soll, obwohl es Alternativen gibt. Nächste Woche, am 25.8.2016 soll in einem beispiellos ignoranten Verfahren der Satzungsbeschluss nebst Bebauungsplan mehrheitlich gefasst werden.

Begründung: EDEKA akzeptiert keinen anderen Standort. Fast 300 Einwendungen sind nur einer formalen Abwägung wert, die diesen Namen nicht verdient.

Außerdem ist von Kungelei und Vetternwirtschaft die Rede. Dass in diesem Wald zwischen Oktober und Dezember 1944 188 Zwangsarbeiter den Tod fanden, wird ebenfalls vernachlässigt.

Auch wenn jeder Unternehmer unabhängig unter dem Namen EDEKA firmiert, sollte es im Interesse des Konzerns sein, dass das Leitbild der Nachhaltigkeit auch bei der Standortwahl Berücksichtigung findet.

Als Grundsatz gilt: Jede Werbeaussage muss war und klar sein. Sie darf weder unwahre Angaben noch sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthalten und damit die angesprochenen Personen irreführen und sei es auch nur, dass die Werbeaussage von diesen missverstanden werden kann. Maßgebend ist also der jeweilige Eindruck, den die Werbung beim angesprochenen Personenkreis erweckt. Auch Irreführung durch Unterlassen von bestimmten Informationen ist unzulässig. Ihren Kund*innen suggerieren Sie eine umweltbewußte Einstellung Ihres Unternehmens nicht nur zu Ihren Produkten sondern ganzheitlich, nämlich die der Nachhaltigkeit. Sie arbeiten mit dem WWF zusammen und nehmen sich den Panda zum Werbeträger.

Wie kann es dann sein, dass bei Planungen von Einkaufszentren – hier der geplante Supermarkt in Aurich am Südeweg – absolut gegen die in Ihrer Werbung gepriesene Maxime gehandelt wird? Geht die Unabhängigkeit der einzelnen Unternehmer soweit?

Wir gehen davon aus, dass Sie über die Planungen informiert sind. Wenn nicht, stellen wir Ihnen gern das notwendige Material zur Verfügung. Wir appellieren an Sie, tätig zu werden; nicht nur für die Umwelt sondern auch für Ihren guten Namen in Aurich. Der droht gerade in Aurich nachhaltig beschädigt zu werden.

Wir erwarten Ihre Stellungnahme. Eine Eingabe an den „Deutschen Werberat“ behalten wir uns vor.

Mit freundlichen Grüßen
Edzard de Vries

Die Antwort von EDEKA ließ nicht lange auf sich warten:
 
Betreff: Ihr Schreiben an die EDEKA Zentrale
 
Sehr geehrter Herr de Vries,
 
haben Sie vielen Dank für den an die EDEKA Zentrale gerichteten Brief, den wir gern beantworten. Sie drücken darin Ihre Sorge aus, dass mit der geplanten Verlagerung der EDEKA an den Südeweg ein 3.000 qm großes Waldgebiet vernichtet wird und EDEKA sich an einem Standort ansiedeln will, an dem im letzten Kriegswinter fast 200 Zwangsarbeiter aus dem KZ Engerhafe beim Bau des fast 12 km langen Panzergrabens zu Tode kamen.
 
Wir sind uns sicherlich mit Ihnen darüber einig, dass die von den Nationalsozialisten begangenen verheerenden Verbrechen inakzeptabel sind und wir gemeinsam aufgerufen sind, alles dafür zu tun, dass sich so etwas in Deutschland niemals wiederholt. Die Aufschrift auf dem Auricher Friedensdenkmal in der von-Jhering-Straße “Die Opfer mahnen – haltet Frieden” drückt genau das aus, worum es geht: Die Erinnerung wachhalten und über die Versöhnung für den Frieden arbeiten. Seien Sie sich gewiss, dass uns sehr wohl bekannt ist, welches Leid den am Bau des Panzergrabens beteiligten Häftlingen widerfahren ist.
 
Es ist gut und richtig, dass in der Erinnerung an das Elend dieser Menschen vor zwei Jahren im Sandhorster Wald eine Gedenktafel aufgestellt wurde. Aus dem ergangenen Unrecht jedoch zu folgern, dass eine Bebauung der den ehemaligen Panzergraben umgebenden Flächen unmoralisch ist, halten wir für falsch. Weite Teile des Auricher Stadtgebietes vom Wallster Weg bis zur Esenser Straße und quer zum Hoheberger Weg bis hin nach Egels und Haxtum wären davon betroffen und hätten nicht bebaut werden dürfen.
 
Sehr geehrter Herr de Vries, genau wie Sie sehen auch wir uns in der Pflicht, ökologisch verantwortungsvoll zu handeln – gleichwohl gibt es manchmal einen nicht zu lösenden Interessenkonflikt zwischen den Belangen des Naturschutzes und den Anforderungen des Lebensmittelhandels an eine tragfähige Immobilie. Es ist bekannt, dass der von Herrn Bontjer betriebene Markt hinsichtlich seiner Größe nicht mehr den Anforderungen genügt, die Kunden heute an einen qualifizierten Vollsortimenter stellen. Mit etwas über 400 qm Verkaufsfläche bildet dieser Markt heute nur ein Grundsortiment ab, was dazu führt, dass die Menschen das Auto nutzen und den Großteil ihrer Einkäufe in Aurich tätigen. Wir merken dies an den niedrigen Umsätzen. Die für das wirtschaftliche Überleben dringend notwendige Erweiterung setzt eine Verlagerung voraus, weil das Grundstück an der Wiesenstraße zu klein ist, um einen funktional ertüchtigten Markt unterzubringen.
 
Wir werden oft gefragt, warum wir nicht mit 800 qm großen Verkaufsflächen auskommen – die Discounter könnten es ja auch. Dazu führen wir aus, dass Discounter nie mehr als 2.000 Artikel im Sortiment haben und über keine Bedienungstheken verfügen. Unser Sortiment ist deutlich größer, wir haben heute rund 15.000 Artikel im Angebot, dazu zählen natürlich viele regionale Produkte und über 1.000 Artikel aus dem Bio-Sortiment. Ein Café-Bereich mit hoher Aufenthaltsqualität rundet das Angebot ab. Gerade unser Fokus auf kleine regionale Erzeuger führt dazu, dass diese Unternehmen mit unserer Hilfe den Markteintritt schaffen und wachsen.
 
Bei der Wahl nach einem geeigneten Grundstück haben wir sehr wohl verschiedene Alternativen ins Auge gefasst. Zunächst ging es um die Prüfung, ob der Markt am bestehenden Standort erweitert werden kann. Das war und ist nicht möglich. Seit ca. 2009 haben wir uns dann um einen Wechselstandort bemüht, leider ohne Erfolg. Beim Planstandort am Südeweg ist EDEKA Mieter, nicht Investor. Insofern hatten wir nur einen bedingten Einfluss auf das vor wenigen Tagen abgeschlossene B-Planverfahren. Wir können aber festhalten, dass wir während des gesamten Planungszeitraums bemüht und daran interessiert waren, dass so wenige Bäume wie möglich geopfert werden müssen.
 
Sie schreiben, dass für die EDEKA-Ansiedlung 3.000 qm Wald vernichtet werden. Das ist nicht richtig. Nach unserer Kenntnis sind vor allem Bäume betroffen, die im Zuge der geplanten Erweiterung der B 210 und des Südewegs am Straßenrand stehen. Die Zufahrt vom Südeweg auf den geplanten Parkplatz wurde dagegen so Baum schonend geplant wie möglich. Alle rechts und links neben der Einfahrt stehenden Bäume bleiben stehen und werden nicht gefällt. Das Marktgebäude entsteht im Übrigen nicht im Wald, sondern auf dem Gewerbegelände der Gärtnerei Gerdes.
 
Wenn der neue Markt gebaut wird, geht dort ein optisch-attraktiver Vollversorger mit ausgesprochen hohen energetischen Standards ans Netz. Märkte dieser Größenordnung bauen wir seit vielen Jahren ohne Heizung. Wir nutzen die Abwärme unserer Kühlgeräte und leiten die zurückgewonnene Wärme in den Fußboden (Betonkernaktivierung). Wir verwenden ausschließlich Energie sparende LED-Beleuchtung und bauen barrierefrei. Viele unserer Märkte lassen wir zertifizieren, so haben wir in Hannover den weltweit größten Markt im Passivhaus-Standard gebaut, der von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen mit dem Prädikat “Platin” ausgezeichnet wurde.
 
Sollten Sie Interesse an einem persönlichen Gedankenaustausch haben, lassen Sie es uns bitte wissen. Wir können uns gern zu einem Gespräch in Aurich verabreden und die hier angerissenen Themen vertiefen.
 
Mit freundlichen Grüßen
Heino Schmidt
Geschäftsführer
 
Expansion
EDEKA-MIHA Immobilien-Service GmbH
Wittelsbacherallee 61, 32427 Minden
 
Tel.: +49 571 802-xxxx
Fax: +49 571 802-xxxx
Mobil: +49 xxx xxxxxxxx
E-Mail: heino.schmidt@minden.edeka.de
Web: www.edeka-miha.de
EDEKA – Wir ♥ Lebensmittel.
 

Wie schonend beim Bau des EDEKA-Supermarktes vorgegangen wird, konnte bald beobachtet werden. Wie war das noch – Zitat EDEKA: “Die Zufahrt vom Südeweg auf den geplanten Parkplatz wurde dagegen so Baum schonend geplant wie möglich. Alle rechts und links neben der Einfahrt stehenden Bäume bleiben stehen und werden nicht gefällt.”

Denn EDEKA hat “Nachhaltigkeit im Fokus” … und in Sandhorst nachhaltig Wald zerstört. Denn: “Hinter dem Horizont geht’s weiter” – schließlich ist EDEKA-Minden “das expansivste Unternehmen der Lebensmittelbranche” … dabei stören Wald und Flur nur … *

* Die zitierten Stellen stammen aus der EDEKA-Expansionsbroschüre “Ideen, Vertrauen, Nachhaltigkeit” von 2015


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